„Leben mit bipolaren Störungen“

Prof. Bräunig hat im TRIAS Verlag den Ratgeber „Leben mit bipolaren Störungen“ veröffentlicht.

Der Ratgeber vermittelt anschaulich und leicht verständlich medizinisches Wissen über bipolare Störungen. Betroffene können lernen, wie die Symptome und die Behandlungsmöglichkeiten aussehen. Besonders positiv finde ich, dass der Ratgeber keine Tabus kennt und etwa auch über Elternschaft Betroffener oder Zwangsmaßnahmen offen spricht. Es handelt sich um eine Art medizinische Aufklärung in einer Qualität, wie man sie in konkreten Behandlungssituationen wahrscheinlich oft vermisst.

Es fällt auch auf, dass Prof. Bräunig den bipolar erkrankten Menschen positiv gegenüber steht, sie für leistungsfähige und starke Menschen hält. Problematisch scheint auch mir so wie ihm, dass die Erkrankung oft erst viele Jahre nach Ausbruch erkannt und richtig behandelt wird, wenn teilweise schon viel Schaden im Leben entstanden ist.

Das Buch ist durchweg aus der Perspektive eines Mediziners geschrieben. Das bedeutet auch, dass Themen wie das Arbeitsleben oder das Zusammenleben mit Betroffenen für meinen Geschmack zu kurz kommen. Aus medizinischer Sicht sind eben doch die Symptome und die Behandlung interessanter als die Frage vieler Betroffener, wie sie ihr Leben mit der Erkrankung gut gestalten können.

Mir gefällt besonders gut, dass dieses Buch Betroffene als mündige Patienten anspricht. Das vermisse ich oft bei Ratgebern von Ärzten für Betroffene psychotischer Störungen. Der medizinische Umgang mit bipolar Erkrankten scheint anders zu sein, scheint diese besser anzuerkennen als selbstbestimmte und fähige Individuen. Vielleicht hängt auch damit zusammen, dass affektiv Erkrankte oft die Behandlung im Krankenhaus und ambulant durch Ärzte viel positiver bewerten als psychotisch Erkrankte?

An diesem Buch, das allen Betroffenen sehr empfohlen sei, kann man sehen, dass es in der Psychiatrie auch anders geht: Mit Offenheit und Aufklärung über Möglichkeiten und Grenzen der medizinischen Behandlung. Mit Respekt vor der Autonomie der Betroffenen. – Warum das nicht auch einmal in der Behandlung von Psychosen versuchen?

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