Wenn Betroffene über Themen im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung und ihrem Leben schreiben, spielt das oft in der Welt der Literatur, in den Zeitungen und Kultursendungen kaum eine Rolle. Aber in einer bestimmten Nische, wo Menschen sich für das Innenleben mit einer Psychose oder Depression oder anderen Erkrankung interessieren: Da ist es wichtig, da ist es zentral und bedeutsam.
Eine Angehörige sagte mir neulich, dass sie erst über diese Selbstzeugnisse von Betroffenen gelernt hat, die Erkrankung ihrer Tochter besser zu verstehen. Die Fachbücher vermitteln eben oft nicht, wie das ist, antriebslos und immer müde zu sein, oder psychotisch ängstlich oder wahnhaft. Gerade medizinische Fachbücher vermitteln kaum etwas über das Innenleben: Wie fühlt sich das an, wie ist das für den Menschen, was geht ihm oder ihr durch den Kopf? – Diese Fragen bleiben offen in den Fachbüchern, werden aber klar und eindrucksvoll beantwortet in der Literatur von Betroffenen.
Auch für mich war es so, dass mir die Diagnose, die ich als junger Mensch erhalten hatte, unverständlich blieb – bis ich einen Text las, der die Erkrankung aus der Innenperspektive darstellte. Dann wurde mir klar: Was ich erlebt hatte, haben auch viele andere Menschen erlebt, es ist Teil einer Krise, die etliche Menschen kennen. Erst seitdem kann ich die Diagnose für mich akzeptieren, da ich sie nun besser nachvollziehen kann. Was vorher fremd, bedrohlich und unverständlich war, ist nun einordbar in ein Erleben, das auch andere kennen und beschreiben.
In meinen Augen profitiert ein jeder, der sich für Psychose oder Depression oder eine andere Erkrankung interessiert, sei es als jemand, der selbst so eine Diagnose erhalten hat, oder als Angehöriger oder als Fachkraft, davon neben den Fachdarstellungen und -überlegungen auch Literatur von Betroffenen zu lesen. Es kann Verständnis für sich oder andere wecken, die Empathie schulen und überhaupt einen wichtigen Beitrag leisten zur Auseinandersetzung mit der Erkrankung. Aber auch die Haltung und Einstellung gegenüber den Betroffenen verändert sich oft, wenn man einen selbstverfassten Bericht liest, wie Betroffene das Leben sehen, wie sie Dinge erleben. Es ist dann oft einfacher, den Menschen hinter der Erkrankung vorscheinen zu sehen.
Auch diese Website entstand aus solchen Überlegungen heraus und ist der Literatur von Betroffenen gewidmet. Vielleicht stöbern Sie mal in den Buchrezensionen und Buchempfehlungen auf dieser Website. Ich wünsche Ihnen, dass Sie da etwas für Sie Interessantes entdecken!