Ein immer noch lesenswertes Buch von Sibylle Prins mit dem Titel „Jetzt endlich lebe ich richtig“ ist im Paranus Verlag erschienen, mittlerweile nur noch gebraucht erhältlich.
Dieses Buch von Sibylle Prins, in dem sie literarisch, essayistisch und mit autobiographischen Zügen über das Leben mit Psychose berichtet, ist wohl mein Lieblingsbuch von ihr. Sie beschreibt auf verschiedene Weise und mit verschiedenen Mitteln, wie es ihr gelang, sich mit Psychose ein Leben aufzubauen, von dem sie sagen kann: „Jetzt lebe ich richtig!“ Sie berichtet, wie eng die Lebensgestaltung und der Lebensentwurf einwirken auf das Psychosegeschehen, dass sie lange nur psychotisch dachte, dass sie jetzt richtig lebt. Dass dies auch im normalen Leben möglich wurde, war nicht einfach.
Es gelingt oft nicht, dass Psychosebetroffene sich ein wirklich zufriedenstellendes Leben mit einer soliden Grundlage aufbauen können. Es liegt in der Natur der Sache, aber auch den gesellschaftlichen Reaktionen, die ab einem gewissen Zeitpunkt kaum noch gute Chancen einräumen, dass das wirklich schwer ist. Sibylle Prins beschreibt aber auch, dass sie erst entdecken musste, was ihr an Leben möglich ist und was eben auch nicht. Nicht immer werden Chancen gleich erkannt, manche Perle, die einem vor die Füße rollt, hält man vielleicht anfangs für wertlos. Ein gutes Leben mit Psychose verlangt auch eine Offenheit für sich und das, was sich bietet an Möglichkeiten, was oft ganz anders ist, als man als junger Mensch berechtigterweise gehofft hat. Zumal Stigma eine Rolle spielt: Möglichkeiten, in der Sozialpsychiatrie sich zu engagieren, sehen erst einmal oft nicht so attraktiv aus.
Sibylle Prins‘ Botschaft ist in meinen Augen, dass ganz viel an wirklich gutem Leben möglich ist, wenn man seine vorab gefassten Meinungen und Einschätzungen, seinen jugendlichen Lebensentwurf und die großen Hoffnungen der jungen Jahre auch bereit ist zu überprüfen auf der Grundlage seiner Erfahrungen. Wir brauchen eine Offenheit dafür, wer wir sind, was uns möglich ist und wie ein erfüllender Weg aussehen könnte. Sich verbeißen in Vorstellungen, die in jungen Jahren berechtigt waren und bis heute für einen wichtig sind, bedeutet eben, die Perlen nicht zu erkennen und Chancen nicht zu nutzen.
Ich wünsche uns allen eine Portion von Sibylle Prins‘ Lebensklugheit und Mut! Das Buch gehört auch in meinen Augen unbedingt neuaufgelegt.